Die Pinselherstellung - Ein altes Handwerk

Traditionenreiches Handwerk – damals bis heute



Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts fertigten Künstler ihre Malgeräte selber an. Deshalb mussten die alten Meister auch stets ausgezeichnete Fähigkeiten bei der Pinselherstellung haben.

Erst im 18. Jahrhundert spezialisierten sich Handwerker und bildeten eigene Zünfte. Fortan nahmen sie den Künstlern die Mühe des Pinselbindens ab.

Pinsel werden heutzutage entweder in der Industrie maschinell oder nach wie vor von Hand durch Pinselmacher gefertigt. Letzteres gilt vor allem für Pinsel, die besonders hohen Ansprüchen genügen müssen.

Der noch in Deutschland ausgeführte Beruf des Bürsten- und Pinselmachers erfordert eine dreijährige Ausbildung. Die Ausbildung ist staatlich anerkannt und erfolgt dual. Das heisst, neben den praktischen Inhalten im Unternehmen werden dem Azubi parallel theoretische Grundlagen an einer Berufsschule vermittelt.

Jedoch existiert diese Ausbildung nicht mehr in vielen Ländern, da sie von den Maschinen beinahe vollständig verdrängt wurde – z.B. in der Schweiz gibt es diese Lehre längst nicht mehr.

Künstlerpinsel - ein handwerkliches Meisterstück



Ein Künstlerpinsel besitzt besondere Eigenschaften. Das ist das Ergebnis einer sorgfältigen handwerklichen Arbeit, die jedem Pinsel seine Einzigartigkeit verleiht. Die Pinsel sind sehr verschieden und jede Pinselform entspricht einer besonderen Maltechnik.

Der Aquarellpinsel ist zum Beispiel kurzstielig. Er hat einen vollen Haarkörper, der sich zu einer kräftigen und feinen Spitze verjüngt. Acrylpinsel sind langstielig. Die Spitze ist flach oder rund. Da Acrylfarben rasch trocknen, müssen Acrylpinsel hohe Elastizität, eine gute Formhaltung und eine ausgezeichnete Strapazierfähigkeit anbieten. Ölmalpinsel sind ebenfalls langstielig. Flache Pinsel werden für den flächigen Auftrag benutzt. Runden Pinsel sind hingegen für Details und zeichnendes Malen geeignet. Die Katzenzungenfaçon vereint die Eigenschaften und die Vorteile des flachen und runden Pinsels.

Die Arbeit des Pinselmachers gliedert sich in 4 Phasen



  • Portionieren der Haare je nach Pinselkörper
  • Formen des Pinselkörpers
  • Einzwingen in die Metallfassung, die später mit dem Pinselstiel verbunden wird
  • „Kitten“ des Pinselkörpers in der Fassung


Bei der handwerklichen Pinselfertigung nimmt der Pinselmacher je nach Grösse des Pinsels eine passende Menge auf die richtige Länge zugeschnittene Synthetikfasern oder Tierhaare bzw. –borsten.

Dann führt er sie in einen passenden, am Boden verschlossenen Metallzylinder ein. Der Zylinder wird solange auf eine Arbeits-Oberfläche aufgeklopft, bis alle Haare bzw. Fasern den Boden berühren.

Nun entnimmt der Pinselmacher das Büschel dem Zylinder und führt es in eine Fadenschlinge ein. Dann zieht er die Schlinge eng und dreht das Büschel zwischen den Fingern. Dadurch erreicht er, dass sich das Büschel zu einer Spitze formt.

Das Büschel wird fest mit einer weiteren Fadenschlinge umwickelt. Dann wird es in die Zwinge eingeführt, mit der es später am Pinselstiel befestigt wird. Die Zwinge ist eine passend geformte, oft zylinderförmige oder konische Metallhülse, in die das Büschel genau passen muss.

Das Büschel wird mit einem Kleber im Innern der Zwinge verklebt. Danach wird die Zwinge auf den Stiel aufgeschoben und gegebenenfalls mit diesem verpresst.

Der Fächerpinsel erhält seine besondere Form mit dem letzten Handgriff des Pinselmachers: mit der Zange wird die Zwinge vorne flach gedrückt.

Die Haare sind der Eckstein des Pinsels. Das Rotmarderhaar ist das wertigste Pinselhaar. Es stammt vom Schweif eines Marders, der in den Stromgebieten der sibirischen Flüsse Amur, Tobol, Ob, Lena und Ussuri lebt. Der Qualitätsbegriff Kolinsky wird für dieses rotgoldene Haar benutzt.

In der Pinselherstellung gibt es noch zahlreiche Alternativen



  • Schweifhaare vom russischen oder polnischen Iltis
  • Schweifhaar vom Eichhörnchen, in der Fachsprache „Fehhaar"
  • Haare von den Fesseln japanischer Ponys
  • Rindsohrenhaare
  • und viele weitere

Die kräftigen Chungking-Borsten chinesischer Schweine sind hervorragend geeignet für Öl- und der Freskomalerei. Kunstfaser-Kompositionen werden auch benutzt, um einen Beitrag zum Schutz der Naturressourcen zu leisten.


Bearbeitung der Naturhaare am Beispiel des Marderschweifs



Zunächst wird der Marderschweif im Rahmen eines Reinigungsprozesses von seiner starken Befettung befreit. Die goldglänzenden Haare werden von der Rippe geschnitten und eingeweicht. Anschliessend bei hoher Temperatur getrocknet.

Das getrocknete Haar braucht eine Ruhepause, bevor es nebeneinander und übereinander ausgelegt wird. Die naturgegebenen Varianten an Länge und Farbe von Schweifen werden folglich gemischt. Danach wird eine Mischmaschine zur gleichmässigen Zusammensetzung benutzt.

Das Haar muss mehrere Tage ruhen, bis die beim Mischen entstandene elektrostatische Aufladung wieder abgebaut wird.

Die Zupfmaschine sortiert die Haare nach ihrer Länge. Dieses Sortieren ist entscheidend, da nicht jede Haarlänge für jede Pinselgrösse geeignet ist.

Zum Schluss bereitet die Stosserin bzw. der Stosser das Haar so vor, dass es für den Pinselmacher verarbeitungsfertig ist: Das Haar wird kopfüber mit seiner Spitze nach unten in einer Messingbüchse so lange gestossen, bis alle Spitzen den Boden erreicht haben. Dann wird es mit einem Faden umwickelt.