Wir sollten mehr zeichnen - Die Zeichnung als Spiegel der individuellen Sichtweise
Die Zeichnung als Spiegel der individuellen Sichtweise
Kreativität drückt sich in vielen Formen aus. Nietzsche war überzeugt, das ganze Leben solle als Kunstwerk betrachtet werden. Für kreative Menschen bietet das Leben unendlich viele Möglichkeiten, sich selbst auszudrücken. Eine der schönsten Formen ist ohne jeden Zweifel das Zeichnen.
Zeichnen macht Freude, zählt neben Malen zu den wichtigsten Kunstformen und bietet überzeugende Vorteile:
- Sie können immer und überall tätig sein
- Das Material ist erschwinglich
- Sie benötigen nur eine überschaubare Grundausstattung
Ein Stift und ein Blatt Papier bilden die Grundlage. Mehr braucht es nicht, um kreativ zu werden. Das Zeichnen schafft Bleibendes und bedarf nicht viel Zubehör. Ein Bleistift und ein Skizzenheft passen in die kleinste Tasche. So kann jeder kurze Ausflug zu schönen Motiven führen und das Skizzenheft füllt sich im Laufe der Zeit zu einem eigenen, künstlerischen Universum.
"Wir sollten weniger sprechen und mehr zeichnen."
Von den wunderbaren Ausdrucksmöglichkeiten des Zeichnens war auch der grosse Dichter Johann Wolfgang von Goethe überzeugt. Wollte er sich doch das Reden gänzlich abgewöhnen und nur noch "wie die bildende Natur in lauter Zeichnungen fortsprechen".
Alles, was wir sehen, trägt eine die Sichtbarkeit überschreitende Wirklichkeit in sich. Es gilt, die Bedeutung zu entziffern und auf Papier auszudrücken. Dies erfordert die Bereitschaft, sich immer wieder neu mit dem Motiv auseinander zu setzen.
Jeder Künstler entwickelt seine ganz eigene Art, zu zeichnen. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Das Zeichnen bietet dem Künstler die Möglichkeit, den Betrachter die Welt durch seine Augen sehen zu lassen.
Alles was er zeichnet, spiegelt seine individuelle Sichtweise wieder. Aus einer groben Skizze entwickelt sich Schritt für Schritt ein Thema. Eigene Abstraktion hauchen dem Bild Persönlichkeit ein. In diesem kreativen Prozess entsteht vieles ganz ungeplant. Die Intuition führt den Zeichner durch sein eigenes Bild.
Das Zeichnen hat viele Gesichter - kreative Ausdrucksmöglichkeiten
So unterschiedlich die Möglichkeiten, sich kreativ auszudrücken, so verschieden sind auch die Formen des Zeichnens selbst:
- Mit Karikaturen und Comics eine Geschichte erzählen
- Der eigenen Kreativität malerisch Ausdruck verleihen
- Momente in Kohle anstatt mit der Kamera festhalten
- Mit sich wiederholenden Formen und Mustern entspannen
Ob als Hobby, Beruf oder Berufung, als Medium kritischer gesellschaftlicher Auseinandersetzung oder einfach zur eigenen Entspannung – die Möglichkeiten des Zeichnens sind vielfältig.
Realistisches Zeichnen - die eigene Interpretation ausblenden
Geradezu täuschend echt zu zeichnen, ist eine besondere Faszination aus Perspektive, Licht und Schatten bis ins Detail hinein. Die Kunstwerke wirken oft wie Fotografien. Diese Zeichentechnik ist hoch beeindruckend.
Und sie lässt sich erlernen! Auch Anfänger können sich mit etwas Übung das handwerkliche Geschick aneignen.
Jedes Bild ist der Spiegel individueller Sichtweisen und Interpretationen. Wer fotorealistisch zeichnen möchte, der muss eigene Deutungen vermeiden. Das realistische Zeichnen ist Beobachten und Wahrnehmen. Es gilt, genau zu beobachten und das Beobachtete exakt wiederzugeben. Wer sich im realistischen Zeichnen übt, der ändert mit der Zeit auch seine Wahrnehmung, der sieht die Welt mit anderen Augen.
Zeichnen als perfekte Kopie oder Ausdruck der individuellen Wahrnehmung
Doch ein Künstler trägt stets Ideen und Emotionen in sich, denen er in seinen Bildern Ausdruck verleiht. Schon die Wahl des Themas gibt bereits eine erste Interpretation vor.
Im Prozess des Zeichnens beginnt das Bild zu erzählen. Es beschreibt ein persönliches Universum. Die Zeichnung dient als Medium, sich mit tieferen gesellschaftlichen oder persönlicheren Themen und Problemen auseinanderzusetzen. Je mehr Eigenleben der Künstler ihr zugesteht, desto mehr kann das Ergebnis von der Realität, wie wir sie sehen, abweichen. So bezieht der Künstler zum Beispiel in einer Karikatur in humoristischen und kritischen Zeichnungen Stellung zu den Dingen, die ihn beschäftigen.
Jedes Bild erzählt eine Geschichte - die Rolle der Zeichnung im Comic
Auch im Comic dient die Zeichnung als interpretationsträchtige Ausdrucksform. Hier setzen sich viele einzelne Bilder zu einem ganzen Plot zusammen. Die Kombination aus Bildlichem und Narrativen stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Zeichnungen und Textelemente gehen eine Wechselwirkung ein. Sie können sich ergänzen und bekräftigen, oder in ein gegensätzliches Spannungsverhältnis treten.
Die Geschichte eines Comics lebt von Spannung. Um diese zu erhalten, muss jedes einzelne Bild die Spannung transportieren. Daher sind neben dem Plot die Figuren besonders wichtig. Jeder Comic-Charakter lebt durch Emotionen und expressive Mimik. Hier dienen die Proportionen des menschlichen Körpers als Entwurfsvorlage, können allerdings stark variieren.
Insbesondere trifft dies auf Gesichter zu: Ein Grossteil der Gesamtgeschichte kann durch den treffenden Gesichtsausdruck einer Figur vermittelt werden. Ein emotionaler Ausdruck zeichnerisch auf den Punkt gebracht erzählt mehr als jede Sprechblase.
Die japanische Comickunstform «Manga» erlaubt zusätzlich viele Möglichkeiten der Gestaltung. Sie sind ein typisches Beispiel für emotionales Ausdruckspotential. Die Figuren werden absichtlich anatomisch verzerrt und mit niedlichen und parodistischen Hervorhebungen betont.
Zeichnen zur meditativen Bewusstseinserweiterung
Zentangle ist für seine ausgesprochen starke Entspannungswirkung berühmt. Die Vorgehensweise ist mit Kritzeleien vergleichbar, die oft beim Telefonieren entstehen. Das losgelöste Zeichnen von diversen Mustern lässt den Kopf lüften und den Alltag vergessen. Passend dazu ist die Beliebtheit zum Thema Ausmalen - hier können Sie perfekt mit Buntstiften leichte oder anspruchsvolle Ausmalbücher kolorieren und ebenfalls als Anfänger in die Entspannung eintauchen.
So verhilft uns das Zeichnen zur Ruhe, Gelassenheit, Inspiration und Konzentration.
Besuchen Sie bezüglich "Zentangle" gerne unseren Blog dazu!
Anregungen und Tipps
Es kann schwer sein, immer aktiv zu üben und sein Hobby in den vollgestopften Alltag unterzubringen.
Oftmals hilft es schon, wenn man sich schönes Material besorgt und es stets bei sich in einer Tasche trägt oder es an einen offensichtlichen Ort Zuhause hinlegt. Meistens liegt es bloss am ersten Ruck, den man sich geben muss, um zu beginnen – sobald man angefangen hat, ist die halbe Miete schon erledigt.
Es gibt auch sogenannte «Krea-tiefs». Tage, an jenen man sich nicht aufraffen möchte und der Bleistift länger ohne Führung herumliegt. Diesen Zustand sollte man zulassen können – denn er verschwindet für gewöhnlich wieder.
Was zum Beflügeln der Inspiration hilft:
- Notizbüchlein mit Projekten, die interessieren (Motive, Posen, Orte, Ideen, usw.).
- Wenn man sich nicht für ein Motiv entscheiden kann, schreibt man diese auf kleine Zettelchen und zieht sich eines davon.
- Zeichenchallenges – es gibt zu diversen Tagen oder Monaten spezielle Herausforderungen, die man freiwillig für sich ausüben kann (z.B. der InkTober im Oktober, die Draw this in your style Challenge in den Sozialen Medien oder die Daily Drawings, wie z.B. der Tag des Donuts, usw.).
- Sich vorzunehmen, täglich auf eine Seite im Skizzenheft zu kritzeln – so baut man die Ehrfurcht vor leeren, blanken Seiten ab. Und sei es bloss ein einzelner Strich.