Faszination Kalligrafie - Die Kunst des schönen Schreibens
Kalligrafie oder Kalligraphie?
Das Wichtigste vorweg: Beide Schreibweisen sind anerkannt.
Aber was bedeutet das Wort Kalligrafie bzw. Kalligraphie überhaupt?
Es setzt sich aus dem griechischen Wort "kallos" ("schön") und "graphein" ("schreiben") zusammen.
Die Bedeutung liegt damit klar auf der Hand: "Schönschreiben".
Und genau das ist es auch. Die Kunst des schönen Schreibens!
Welche Materialien benötige ich für die Kalligrafie?
Das Kalligrafiepapier
Kalligrafiepapier unterscheidet sich von einfachem Zeichenpapier aus einem Zeichen-Block. Die hohe Qualität aller Materialien macht einen entscheidenden Teil der Magie aus, die von der Kalligrafie ausgeht. Kalligrafiepapier besitzt einmalige Eigenschaften, die in Kombination mit hochwertiger Tusche und Feder beste Voraussetzungen für die Kalligrafiekunst bieten. Die glatte Oberfläche lässt die Feder sanft über das Papier gleiten. Die gute Leimung verhindert das Verlaufen, Ausbluten oder Ausfedern der Tusche. Und die recht schwere Grammatur garantiert, dass sich das Papier auch bei nassem Auftrag nicht wellt.
Tusche und Tinte für die Kalligrafie
Traditionell verwendet der Kalligraf für seine Schreibkunst tiefschwarze, glänzende, hochpigmentierte Tusche. Sie überzeugt durch ihr intensives Schwarz, eine besonders hohe Deckkraft und sehr gute Lichtbeständigkeit. In der traditionellen Kalligrafie ist bereits das Anreiben der trockenen Stangentusche - also die Vorbereitung vor dem eigentlichen Schreiben - als meditatives Ritual ein fester Bestandteil der Kunst selbst.
Schreibtinte ist unpigmentiert, wasserlöslich und deutlich dünnflüssiger, als Tusche. Damit eignet sie sich meist besser für das Schreiben mit dem Füllfederhalter.
Feder, Pinsel & Co. - Schreibgeräte für die Kalligrafie
Die Auswahl an Federvarianten und Schreibgeräten für die Kalligrafie ist schier unendlich. Doch es gibt nur eine einzige Regel: Sie müssen sich damit wohlfühlen! Probieren Sie es also am besten aus und entscheiden dann für sich, was Sie persönlich für Ihre Schreibkunst bevorzugen:
- Federkiel
- Stahlfeder
- Bambusfeder
- Füllfederhalter
- Meissel
- Pinsel
- Glasschreibfeder
- Brush-Pen
- Kalligrafie-Stifte
Kalligrafie - eine lange Tradition
Kulturell gesehen hat die Kalligrafie eine sehr lange Tradition. Sie reicht Jahrhunderte weit zurück. Ihr verdanken wir heute unser Wissen über längst vergangene Zeiten. Denn Kalligrafie war damals das einzige Mittel zur Überlieferung. Es war ein hoch angesehener Beruf - für Männer - die heiligen Schriften abzuschreiben. Ob die Bibel, der Koran oder die Tora. All diese heiligen Schriften wurden kunstvoll handschriftlich festgehalten und so an die Nachwelt weitergegeben.
In vielen Ländern war Kalligrafie sogar lange Zeit die einzige erlaubte Kunstform. Die Lesbarkeit war hier eher zweitranging. Viel wichtiger war es, Botschaften und Emotionen zu übermitteln. Die Kalligrafie ist geprägt von geschichtlichen Einflüssen, dank derer sie bis heute eine ausdrucksstarke und wunderschöne Form der Kunst darstellt. Die Kombination aus schöner Schrift und dem Sichtbar machen von Emotionen ist wie eine Reise in das Innere eines Künstlers. Und das nicht nur für Graphologen.
Kalligrafie heute
Wie steht es heute um die Kalligrafie? Verschwindet die Handschrift nicht gerade völlig aus unserem Alltag? Wird sie nicht von elektronischen Geräten abgelöst? Gehört also die Kalligrafie nach so langer Tradition bald einer längst vergangenen Epoche an?
Zum Glück nicht! Das traditionelle Handwerk Kalligrafie findet immer noch viele Anhänger und auch die moderne Kalligrafie verbreitet sich rasant. Aus dem ursprünglichen Handwerk des Schreibmeisters hat sich eine Kunstszene entwickelt, die nicht mehr wegzudenken ist. Ohne Kalligrafie wäre selbst die Screen-Schrift (Bildschirmschrift) nicht das, was sie heute ist. Und auch dort wird dank der Kunst noch weiterentwickelt und geprägt. Neue Schriftarten werden auf Grundlage der Schönschreibkunst designt.
Ist Handlettering auch Kalligrafie?
Nicht ganz. Verwechseln Sie also nicht die traditionelle Kalligrafie mit dem neuen Trend Handlettering. Der Unterschied ist leicht erklärt:
- "Kalligrafie“ Kunstvolles Schreiben eines jeden einzelnen Buchstabens.
- "Handlettering“ Zeichnen und Malen von Buchstaben, Wörtern & Sätzen.
Für die Kalligrafie verwenden Sie entweder Federkiel, Stahlfeder, Bambusrohr, Füllfederhalter oder Pinsel, während Sie beim Handlettering auch verschiedene Utensilien gemischt einsetzen können. In der Kalligrafie liegt der Fokus mehr auf dem meditativen Schreiben, als auf dem Mix der Malutensilien.
Moderne vs. Traditionelle Kalligrafie
Wie bereits angedeutet, unterscheidet sich die moderne Kalligrafie von heute etwas von der alten, traditionellen Kalligrafie. Und worin genau liegen nun die Unterschiede?
- Traditionelle Kalligrafie
Die traditionelle Kalligrafie folgt klaren Regeln, die zum Beispiel festlegen, wie einzelne Buchstaben geformt und ausgerichtet sein müssen. Die Schriftarten sind begrenzt und unterliegen ebenfalls festen Vorgaben. Alles ist auf das perfekte Ãussere ausgelegt. Ãsthetik spielt eine grosse Rolle. Viel Raum für künstlerische Freiheit bleibt da allerdings nicht.
- Moderne Kalligrafie
In der modernen Kalligrafie hingegen gibt es keine Regeln. Hier herrscht die rebellische Lust nach Freiheit. Die moderne Kalligrafie kann auch mal unordentlich und unperfekt - ja fast schon chaotisch sein. Stil und Gefühl stehen im Vordergrund.
Handschrift im Wandel
Die künstlerische Handschrift wird also so schnell nicht aussterben! Sie wandelt sich. Entwickelt sich weiter. Und es wird immer Liebhaber der Handschrift geben. Es ist sogar wissenschaftlich bewiesen, dass mit der Hand Geschriebenes eher im Gehirn verarbeitet wird, als Getipptes.
Und die Kalligrafie Kunst geht sogar noch einen Schritt weiter. Hier wird das Geschriebene nicht nur intensiv aufgenommen. Das Geschriebene trägt vielmehr noch das Innere nach aussen. Die Kalligrafie dient dazu, die eigene Persönlichkeit auszudrücken. Werte, Bedürfnisse, Emotionen und Gefühle spiegeln sich in der Kunst wieder. Der Stil verrät viel über den Künstler selbst. Bevorzugt der Kalligraf Ordnung oder eher die freie Entfaltung? Schlichte Eleganz oder verschnörkelte Exklusivität?
Jedes Wort, jeder Buchstabe ist ein wertvolles Unikat und hütet intime Gedanken, gibt einen Einblick auf den Charakter und ist immer so individuell wie ein jeder Einzelne von uns.
Kalligrafie lernen
Nachdem wir nun so viel über den Zauber der Kalligrafie geschwärmt haben, steht eine entscheidende Frage im Raum: Kann jeder die Kalligrafie erlernen? Und wenn ich mich dazu entschieden habe, es einmal auszuprobieren: Worauf muss ich achten?
Die nun folgenden Grundtechniken richten sich an Einsteiger, die sich geduldig an ihr erstes Werk wagen wollen. Diese Techniken werden gerne in Kunstkursen und -Schulen vermitteln. Natürlich sind es letztlich nur Tipps, die wir Ihnen mit an die Hand geben. Fühlen Sie sich jederzeit völlig frei, zu variieren und Eigenes zu probieren. Doch bitte halten Sie sich stets vor Augen: Kalligrafie erfordert immer Zeit, Übung und Geduld.
Kalligrafie - die ersten Schritte
Für Ihre ersten Versuche empfehlen wir Ihnen, mit Hilfslinien zu arbeiten. So bleiben Sie in Höhe, Neigung und Verlauf konstant und erhalten ein harmonisches Erscheinungsbild.
Planen Sie den Abstand zwischen den einzelnen Buchstaben genau. Ein "i" benötigt zum Beispiel nicht denselben Platz, wie ein "m". Zu grosse oder unterschiedlich grosse Lücken stören das Gesamtbild. Üben Sie sich darin, für jeden Strich innerhalb eines Buchstabens etwa gleich lange zu brauchen. So erhalten Sie die grösstmögliche Gleichmässigkeit. Vermeiden Sie insgesamt eine zu grosse Vielfalt an Variationen. Das bringt Unruhe ins Bild und zerstört die Harmonie.
Kalligrafie Hilfslinien
Sie benötigen insgesamt 5 Hilfslinien:
Basislinie (1): Die unterste aus der der Buchstabenkörper drauf liegt
Oberlinie (2): Die Leitlinie die, die Höhe bestimmt
Oberlinie für Grossbuchstaben (3): Maximalhöhe von Grossbuchstaben
X-Linie (4): Leitlinie für kleine Buchstaben Neigungslinie (5): Legt Winkel der Neigung festlegt
Ein Tipp: Zeichnen Sie sich die Linien gut sichtbar auf ein Blatt Papier auf und arbeiten Sie dann darüber mit Transparentpapier oder auf einem Lightpad. Mit diesem Trick sind die Linien auf dem fertigen Werk später nicht zu sehen. Ausserdem sparen Sie sich so, für jede Zeile neue Hilfslinien vorzuzeichnen.
Übung macht den Meister
Um ein erstes Gefühl für die Feder, den Tintenfluss, das Papier und die Schreibtechnik zu bekommen, üben Sie sich zunächst einmal an einzelnen Buchstaben. Zeichnen Sie einen Buchstaben in Blockschrift und wiederholen Sie dies solange, bis Ihre Strichführung perfektioniert ist. Dann widmen Sie sich dem nächsten Buchstaben.
Bleiben Sie für den Anfang erst einmal bei der Blockschrift. Schwierige Schnörkel sehen zwar schön aus, doch sie erfordert viel Übung. Vermeiden Sie daher unnötige Misserfolge. Freuen Sie sich lieber über kleine Erfolge und bleiben Sie am Ball. Sind Sie erst einmal mit der Materie vertraut, sind Ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Sie werden erstaunt sein, wie schnell Sie besser werden. Die Hand entkrampft und die Buchstaben fliessen immer leichter aus der Feder.
Kalligrafie lernen - Alle Schritte im Schnelldurchlauf:
- Zeichnen Sie sich Hilfslinien vor.
- Nutzen Sie Transparentpapier oder das Lightpad.
- Üben sie sich zunächst in der Blockschrift ohne Schnörkel.
- Wiederholen Sie jeden einzelnen Buchstaben bis zur Perfektion.
- Planen Sie für Wörter und Buchstaben den Platz genau ein.
- Testen Sie verschiedene Malutensilien und finden Sie das für Sie passende Material.
- Aller Anfang ist schwer - lassen Sie sich nicht entmutigen.
- Fühlen Sie die Entspannung und geniessen Sie die meditative Wirkung der Kalligrafie.